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Beitragsservice: Einnahmen auf 8,11 Milliarden Euro gestiegen


Foto - rundfunkbeitrag.de


Was hatten Tom Buhrow und Co. nicht alles an die Wand gemalt: Wenn die Rundfunkgebühr nicht um monatlich 86 Cent erhöht wird, dann werden Zuschauer und Hörer durch das „Ausbleiben der Beitragsanpassung“ es „im Programm sehen und hören“. Am 15. Juni stellte der Beitragsservice seinen Jahresbericht 2020 vor und Bernd Roßkopf, Leiter des Geschäftsbereichs Finanzen und Services, konnte für ARD und ZDF eine frohe Botschaft verkünden: Die Gesamteinnahmen belaufen sich auf 8.110.729.834,04 Euro – nach 8,068 im Jahr 2019, ein Plus von rund 42,6 Millionen Euro. Das ist der dritte Anstieg in Folge. Nur im Jahr 2015 war der Ertrag mit 8,13 Milliarden Euro höher, da im ersten Quartal 2015 der höhere Beitragssatz von 17,98 Euro galt.

Die Rundfunkanstalten im ARD-Verbund erhalten rund 5,7 Milliarden (davon der WDR 1,19 Milliarden, der rbb 417,68 Millionen und Radio Bremen 44,45 Millionen). Für das ZDF sind es 2,02 Milliarden und für das Deutschlandradio (DLF-Programme) 232 Millionen Euro. Die 14 Landesmedienanstalten und ihre Berliner Geschäftsstelle (welche den privaten Rundfunk und die Internet-Plattformen zu beaufsichtigen haben), erhalten 153 Millionen Euro aus den Beitrags-Einnahmen. Die Kosten des Beitragsservice (958 Mitarbeitern) selbst sind etwas angestiegenen, auf 3,83 Euro pro Beitragskonto (2019: 2,79), auf insgesamt rd. 176,037 Millonen Euro (2,17 % vom Gesamtertrag, nach 2,16 % 2019).

Ein sattes Plus im Corona-Jahr, das klinge „erst mal paradox“, sagte Bernd Roßkopf, wies aber darauf hin, dass man den Pandemieknick aufgrund von Insolvenzen und Befreiungen erst für das laufende Geschäftsjahr 2021 erwarte. Bis zum 31. Dezember 2020 haben 1.412 Betriebsstätten die Möglichkeit genutzt, sich aufgrund einer behördlich angeordneten Lockdown-Schließung von insgesamt mindestens 90 Tagen vom Rundfunkbeitrag befreien zu lassen. Insgesamt lässt sich im Jahresbericht jedoch kein Hinweis finden, dass es bereits 2020 etwa eine Welle von Insolvenzen gegeben habe. Der Beitragsservice meldet zum Ende des vergangenen Jahres 4,04 Millionen angemeldete Betriebsstätten, rund 80.000 mehr als Ende 2019.


Der jüngste Anstieg hat unter anderem den Grund, dass es verglichen mit 2019 2,3 Prozent weniger private Befreiungen (2,63 Millionen) und 2,2 Prozent weniger Ermäßigungen gab; gestiegen (auf 186.000) ist nur die Zahl der befreiten Zweitwohnungen. Die Zahl der angemeldeten Wohnungen ist gesunken, von 39,87 auf 39,66 Millionen, was sich laut Roßkopf damit erklärt, dass viele Neuanmeldungen nach dem Meldedatenabgleich 2018 automatisch geschahen und teils wieder abgemeldet wurden, weil etwa bereits eine andere Person im Haushalt den Beitrag abführt. Für den Meldedatenabgleich 2022 erwarte man erneut einen Anstieg der beitragsabführenden privaten Haushalte. Insgesamt ist die Einnahmensituation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks also auf einem hohem Niveau.

Vom Beitragsservice wurden 2020 rund 18,94 Mio. Maßnahmen im Forderungsmanagement eingeleitet. Die Zahl der Mahnmaßnahmen bewegt sich somit auf dem Niveau des Vorjahres (2019: rund 18,91 Mio.). Aber auch säumige Beitragszahler gibt es in beträchtlicher Anzahl. Zum Jahresende 2020 befanden sich 3,28 Millionen (von knapp 46 Millionen) Beitragskonten (Privat/Wirtschaft/Behörden/Gemeinwohl) in einer Mahnstufe (Zahlungserinnerung und Festsetzungsbescheid, Mahnung und Vollstreckung), insgesamt kam es zu 1,23 Millionen Vollstreckungsersuchen. Zur Vollstreckung kam es in 1.167.638 Fällen.


Konkrete Angaben zur Zahl der Verweigerer werden nicht gemacht: „Dem Beitragsservice werden die Gründe nur in den seltensten Fällen mitgeteilt – daher können wir Ihnen keine Zahl potentieller ‚Gebührenverweigerer‘ liefern oder Angaben darüber machen, welche Mittel die für die Vollstreckung zuständigen Vollstreckungsorgane einsetzen, um die Forderungen beizutreiben. (...) Die Vollstreckungsbehörden handeln in den meisten Bundesländern eigenständig und sind nicht verpflichtet, die Rundfunkanstalten als Gläubiger zu informieren oder Maßnahmen mit den Rundfunkanstalten oder dem Beitragsservice abzusprechen“ (FAZ). Michael Krüßel, seit einem Jahr Geschäftsführer des Beitragsservice, fügte in der Pressekonferenz hinzu, dass es Verweigerungen zwar gebe, viel häufiger aber vorkomme, dass in wirtschaftliche Not geratene Bürger ihren Beitrag nicht zahlen könnten oder aufgrund von Sprachbarrieren die Anschreiben nicht verstünden.


Einer der mittlerweile prominentesten Zahlungsverweigerer ist Georg Thiel aus Borken in Nordrhein-Westfalen. Thiel, der seit über drei Monaten in der JVA Münster in Erzwingungshaft sitzt, will ein Zeichen gegen die Ungerechtigkeit betr. der einheitlichen Jahresgebühr von 210 Euro aussenden. Der WDR-Intendant Tom Buhrow zahle bei fast dreißigfachem Einkommen denselben Betrag wie er und er nutze die ör Angebote überhaupt nicht. Und so sitzt der Mann nun im Vollstreckungsauftrag des WDR in Erzwingungshaft, wobei nicht die Zahlung der Rundfunkgebühren erzwungen werden soll, sondern eine Vermögensauskunft, die einer Pfändung des ausstehenden Betrags von rund 1.800 Euro vorausgehen muss. Dabei belaufen sich die Gefängniskosten der Person Thiel auf monatlich rund 3.000 Euro. Das System der Finanzierung des ör Rundfunks gehört angesichts dieser Fakten auf den Prüfstand.


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