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ARD-Programm-Direktorin Strobl greift an


ARD-Programmdirektorin Christina Strobl - Foto ARD.de


Die Juristin und Fernseh-Expertin Christine Strobl aus Baden-Württemberg ist seit dem 1. Mai 2021 Programmdirektorin der ARD, zuständig für „Das Erste“ und die ARD-Mediathek. Zu ihrem Amtsantritt kündigte sie im SPIEGEL an: „Ich habe den Intendantinnen und Intendanten klar gesagt: Wenn sie wollen, dass alles bleibt, wie es ist, bin ich die falsche Person“. In der vergangenen Woche legte sie in Mainz ihren Umbau-Plan für das ARD-Fernsehen vor.


Direktorin Strobl will die Mediathek stärken. Die ARD soll digitaler werden, um auch jüngere Zielgruppen ansprechen, für die Streaming zum Alltag gehört. Zudem soll das Programmschema im Ersten umgebaut und attraktiver werden. Das sind die Eckpunkte in einem Papier, über das die Intendantinnen und Intendanten der ARD bei einer zweitägigen Sitzung vorige Woche in Mainz berieten, so der SPIEGEL vom 30.6.2021. Mit den Vorschlägen sollen sich die Fernsehdirektoren der neun Landesrundfunk-Anstalten in den nächsten Wochen beschäftigen.


Der Umbauplan zielt direkt auf das ZDF. Seit Jahren liegt „Das Erste“ bei den Einschaltquoten „nur“ auf dem zweiten Platz. Die ARD erreichte 2020 durchschnittlich einen Marktanteil von 11,3 Prozent, beim ZDF waren es 13,6 Prozent. Obwohl die privaten Anbieter immer häufiger Personal von ARD und ZDF abwerben, um mit seriöseren Sendungen Boden gut zu machen, zielt Strobls Strategie wohl auch auf erfolgreiche ZDF-Formate – die sollen in kopierter Form Zuschauer für die ARD gewinnen.


Nachdem der „Dienstags-Talk“ (von Ex-Direktor Volker Herres ins Programm gehievt) gescheitert ist, soll nun nach den „Tagesthemen“ ein neuer Talk etabliert werden, der „Markus Lanz“ ähneln soll. So sollen mehrere Studiogäste in Einzelgesprächen befragt werden - im Verlauf ergebe sich dann eine neue und angeregte Diskussion im Studio. „Die Nachfrage nach einem solchen Format gibt es, wie beim ZDF zu sehen ist“, heißt es in dem ARD- Papier. Der WDR soll ein Konzept unter Einbeziehung der Programmdirektion erarbeiten. Möglicherweise könnte Sandra Maischberger den Sendeplatz übernehmen, zusätzlich zu ihrer Sendung am Mittwoch, so die Idee.


Die ARD hat es zudem auf die erfolgreiche „heute-Show“ abgesehen. Künftig soll freitags um 21.45 Uhr (die „Tagesthemen“ müssten weichen) auch in der ARD ein Comedy-Format gesendet werden – also 45 Minuten vor der ZDF-Welke-Show. Das Format ist laut Vorlage auch als politischer Wochenrückblick konzipiert – aber mit „regionalen Köpfen“, wie die ARD sagt. Der neue ARD-Unterhaltungskoordinator Frank Beckmann ist für diesen Punkt verantwortlich. Allerdings sind zunächst nur 20 Folgen geplant. So ganz ist die ARD vom Konzept wohl nicht überzeugt. Die „Tagesthemen“ würden dann wie werktäglich üblich um 22.15 Uhr laufen. Dies stehe jedoch „ausdrücklich unter dem Vorbehalt, dass die Intendantinnen und Intendanten einen möglichen Konflikt mit dem ZDF zu führen bereit sind“. Denn freitags läuft dort das „heute-journal“ von 22.00 bis 22.30 Uhr, sodass sich die beiden Nachrichtensendungen um 15 Minuten überlappen würden.

Für den Samstagabend plant die ARD ein neues Late-Night-Format mit Carolin Kebekus, nach den „Tagesthemen“ gegen 23.30/23.45 Uhr. Die Komikerin hat bisher eine Show am Donnerstag um 22.50 Uhr moderiert – allerdings auch nur mit beschaulichem Erfolg. Laut ARD wäre es „das erste weibliche Late-Night-Format in Deutschland“. Dieses stimmt aber nicht, so der SPIEGEL, denn das moderierte bereits 2004 Anke Engelke auf Sat.1.

Ärger könnte sich die ARD mit den Freunden vom „Weltspiegel“ einhandeln. Schon Volker Herres wollte das Auslands-Magazin vor über einem Jahr von der Sendezeit Sonntag 19.20 Uhr auf 18.30 Uhr verschieben.


Auch Christina Strobl plant Veränderungen. So soll die „Sportschau“ von 18.30 auf 19.15 verschoben werden und damit näher an die reichweitenstarke (Quoten) „Tagesschau“ heranrücken. In der Sendung will die ARD unter anderem Ausschnitte aus Fußball-Zweitliga-Spielen zeigen, für die sie die Rechte bereits erworben hat. Der „Weltspiegel“ müsste dann, so der Plan, montags nach den „Tagesthemen“ auf die schlechte Sendezeit um 22.50 Uhr ausweichen. Dafür müsste die ARD-Doku-Reihe „Die Story im Ersten“ verlegt werden. Was die ARD sonntags zwischen 18.30 und 19.15 Uhr senden möchte, ist noch nicht bekannt, vermutlich aber eine populäre Sendung – wie zeitgleich beim ZDF. Zudem wäre es wohl sinnvoller, den „Bericht aus Berlin“ (hier muss ein neuer Name her!) von Sonntag 18.05 Uhr ins Abendprogramm zu verlegen, um mehr Zuschauer zu erreichen.


Für den ARD-Krimi-Donnerstag, nach dem „Tatort“ der zweite Krimiabend im Ersten um 20.15 Uhr, sollen weniger neue Filme gedreht werden. Die eingesparten Gelder will die ARD für neue Serien in der Mediathek ausgeben. Dafür sollen dann mehr Wiederholungen um 20.15 Uhr gezeigt werden, zeitgleich zu Krimi-Wiederholungen in den ARD-Dritten. Und das zeigt die Unstimmigkeit und Unsinnigkeit der ör Programmierung mit teuren Filmen (jeweils ca 1 Mio. Euro). Die Idee für den Krimi-Donnerstag hatte Volker Herres und die Quoten-Vorgabe von 17 Prozent wird nur selten erreicht. Somit sollte der Krimi-Termin besser gestrichen werden.


Nach den ARD-Plänen sollen die ARD-Anstalten insgesamt auch mehr Programm für die Mediathek produzieren. Eine Aufforderung, die für alle Redaktionen gilt, auch für die sechs politischen Wochen-Magazine: „Panorama“ NDR, „Monitor“ WDR, „Kontraste“ RBB, „Report“ BR, „Fakt“ MDR und „Report“ SWR. Die Anzahl der jährlichen Sendetermine soll um 27 Prozent von 90 auf 66 reduziert werden. Da die Magazine in der Mediathek nicht sonderlich nachgefragt werden, sollen deren Redaktionen in Zukunft weniger davon produzieren und „die frei gewordenen Kapazitäten für investigative filmische Formate nutzen“. Es sollen mehr Dokus produziert werden.

Zuerst berichtete das Portal „Übermedien“ darüber. In den Anstalten wird die Neuausrichtung kritisch gesehen. Aus einer Redaktion heiße es, dass Polit-Magazine samt "unbequemer" Berichterstattung bei Intendantinnen und Intendanten nicht nur eher unbeliebt, sondern auch "nicht mehr gewollt" seien, schreibt "Übermedien". Ein Sprecher der ARD-Programmdirektion wollte "Übermedien" die Informationen noch nicht bestätigen, teilt aber mit, dass die Sender die Primetime stärken und Dokumentationen ausbauen wollen.Die Politik-Magazine gehörten zur DNA der ARD. Es gehe darum, ihre Themen und Inhalte auch in der Mediathek nach vorne stellen zu können. "Der dokumentarische Bereich soll in der Mediathek ausgebaut und für die Primetime des Ersten gestärkt werden".

Die ARD (und auch das ZDF) muss sich der Tatsache bewusst sein, dass sie einen ör Sendeauftrag hat und im Abendprogramm nicht nur die (Massen-) Unterhaltung ihren Platz haben darf sondern auch die kritische Informationsberichterstattung. Daher ein Vorschlag für "Das Erste“: Die ARD baut ihre Polit-Magazine so um, dass die Meinungsvielfalt deutlicher auf dem Bildschirm erscheint, indem a) die Sendezeit auf 45 Minuten erweitert und b) je ein Magazin für die politischen Richtungen aus Mitte-Links und Mitte-Rechts angeboten wird. In diesen zwei Magazinen gehen die bisherigen sechs Magazine auf. Und in beiden Polit-Magazinen darf und soll Klartext gesprochen werden, so wie schon jetzt in der deutschen Gesellschaft.




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