Der Sport nicht mehr Geld.
Presenter Pinar Atalay © NDR / Thorsten Jander
Auf der ARD-Pressekonferenz am 12.2.2020 in Köln haben der ARD-Vorsitzende, WDR-Intendant Tom Buhrow und der ARD-Programmdirektor Volker Herres, einige Neuerungen für das ERSTE bekanntgegeben. Danach sei, so Buhrow, bereits beschlossen, die „Tagesthemen“ am Freitag um 15 auf 30 Minuten zu verlängern (21.45 bis 22.15 Uhr). Auch wenn damit die „Tagesthemen“ und das „heute-journal“ sich um 15 Minuten überlappen werden. Das sei „absolut vertretbar“, sagte Herres. Der Intendant des ZDF, Thomas Bellut, sei von Herres auch schon informiert worden. Die Antwort steht noch aus. Im ARD-Programm soll der Berichterstattung aus den Regionen Deutschlands mehr Platz gegeben werden. Geplant ist von Montag bis Donnerstag den „Tagesthemen“ fünf Minuten mehr Sendezeit zu geben (22.15 bis 22.50 Uhr). Dieses sei ein „gemeinsamer Wunsch“, so Buhrow. Die ARD-Chefredakteure und die Redaktion „ARD aktuell“ in Hamburg sollen ein entsprechendes Konzept erarbeiten und zur Entscheidung vorlegen. Beschlossen sei aber noch nichts, das müsse die Fernsehprogrammkonferenz in der ARD machen. Laut Herres gebe es in der Frage auch „keinen Gegensatz“ zwischen den beiden, „sondern eine spannende, inhaltliche Diskussion“. Man müsse halt eine sehr „gewissenhafte Güterabwägung“ vornehmen. Scheitern könnte die fünfminütige Verlängerung nur noch, wenn den Verantwortlichen inhaltlich nichts einfallen würde, „das schließe ich aber aus“, meinte Herres. Begründet wird die Verlängerung damit, dass in Zeiten, in denen die Gesellschaft immer stärker auseinandergezerrt werde, sei die Rolle der ARD als zuverlässiger Informationsgarant besonders wichtig. Die regionale Präsenz sei zudem ein Aspekt, der von Zuschauern besonders geschätzt werde. Der ARD-Programmdirektor DAS ERSTE, Volker Herres, nannte den 3. April als Termin, für die Veränderungen bei den „Tagesthemen“.
Wie die „übermedien.de“ vom 11.2.2020 berichten, hat die „zentrale Nachrichtenredaktion ARD-aktuell in Hamburg … ein Beispielkonzept mit dem Arbeitstitel „Eine Region, vier Perspektiven“ vorgelegt. Es sieht vor, dass jede Woche aus einem anderen Teil Deutschlands berichtet wird. Von Montag bis Donnerstag soll anhand von vier Protagonisten eine Herausforderung aus unterschiedlichen Blickwinkeln dargestellt werden. Am Freitag vertieft ein Gespräch von Caren Miosga oder Ingo Zamperoni mit einer Persönlichkeit aus der jeweiligen Region das Thema. Die Inhalte sollen gemeinsam mit den jeweiligen Landesrundfunkanstalten und zum Beispiel ihren Regionalmagazinen entstehen und auch für diverse lineare und digitale Ausspielwege und soziale Medien aufbereitet werden. Auch ein Podcast ist vorgesehen. Das genaue Format soll gemeinsam mit den ARD-Anstalten erarbeitet werden“.
In dem ARD-Papier heißt es, dass ARD-aktuell die Fragen und Probleme der Bürger und Bürgerinnen „ausführlicher, tiefgründiger und vor allem von vor Ort abbilden“ möchte. „Gestärkt wird damit der Blick auf die ländlichen Regionen und die ostdeutschen Bundesländer und soll zu einem besseren Verständnis und Miteinander in unserer Gesellschaft führen.“ Laut Beispielkonzept sollen sowohl „die großen Themen dieser Zeit“ (zum Beispiel Wandel in der Auto-Industrie, Pflege, Digitalisierung), als auch Alltagsthemen (Vereinsleben, ärztliche Versorgung, Bildung) behandelt werden. Dabei dürften auch nicht positive Beispiele und Lösungsansätze fehlen. „Wir sind so nah an den Menschen wie nur möglich“, heißt es in dem ARD-Papier. Das Angebot „stellt Meinungspluralismus sicher und betont die regionale Kompetenz der ARD“.
Wie „übermedien.de“ weiter informiert, macht der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow Druck, „das Konzept möglichst schnell umzusetzen. Es sei Teil der Strategie, „die lineare und non-lineare Informationskompetenz der ARD deutlich zu verstärken“, schrieb Buhrow am 5. Februar in einem Brief an Herres und die anderen Intendanten, in dem er zur Eile auffordert. Widerstand gibt es vom Programmdirektor des Ersten, Volker Herres. In einem Schreiben vom 7. Februar warnte er, dass die Quoten späterer Programme unter der fünfminütigen Verlängerung der „Tagesthemen“ wegen „nachteiliger Umschaltzeitpunkte“ leiden könnten. Nach Ansicht von Herres können auch ohne eine Verlängerung stärkere Schwerpunkte in den „Tagesthemen“ gesetzt und neue Rubriken eingeführt werden. Herres kritisierte intern, dass das Konzept noch nicht reif für eine formale Befassung der Gremien sei. Ungeklärt sei bislang unter anderem, ob sich eine solche regionale Leiste „Tag für Tag und auf Strecke journalistisch attraktiv und überzeugend bespielen“ ließe. Ein Knackpunkt ist auch die Frage nach den höheren Kosten für die einzelnen Anstalten“.
Forderungen nach mehr Sendezeiten für ARD-Nachrichten-Sendungen wurden seit einigen Jahren von Politikern der östlichen Bundesländer aufgestellt, insbesondere vom Kultur- und Medienminister Robra aus Magdeburg. Allerdings stellt sich die Frage, warum die „Tagesthemen“ nicht gleich um 50 Prozent verlängert werden. Wenn die ARD sich in puncto Informationen stärker profilieren möchte, sie den Alleinstellungsmerkmal stärken will, dann wäre es doch viel sinnvoller, dem Beispiel des ör Fernsehens in Großbritannien und den Niederlanden zu folgen. Dort dauern die Tagesmagazine (Nachr., Berichte und Analysen) 45 Minuten. In „BBC 2“ ab 22.30 Uhr (Mo bis Do) und in „NPO 2“ ab 21.30 Uhr (7 Tage in der Woche). Die „Tagesthemen“ mit 45 Minuten hätten so mehr Zeit für Reportagen, ausführliche Interviews und (kurzen) Rede-Duellen zwischen zwei Politikern mit unterschiedlichen Meinungen. Somit könnte die ARD zeigen, wie gut Journalismus im ör Fernsehen aussehen könnte. Der ör Sendeauftrag wäre perfekt umgesetzt.
Auf der ARD-PK wurde auch der neue ARD-Sonntag vorgestellt. Im Zuge der „Lindenstraße“-Einstellung kommt es zu Veränderungen, die seit November 2019 bekannt sind. So sendet das Boulevard-Magazin „Brisant“ künftig von 17 bis 17.30 Uhr auch eine Sonntags-Ausgabe (Herres: „Auch das ist Information“), und die ARD erhofft sich dadurch mehr Zuschauer um diese Uhrzeit. Danach beschäftigt sich die Reihe „Echtes Leben“ mit „Kernthemen der menschlichen Existenz“ (ersetzt eine Sendung aus Religion und Gesellschaft). Nach der „Tagesschau“ folgt um 18.05 Uhr der „Bericht aus Berlin“ (bisher 18.30) mit zusätzlich sechs bis sieben Minuten. Die „Sportschau“ ab 18.30 Uhr verlängert sich um 20 Minuten, in der man vor allem Hintergründe liefern und kritisch berichten will. Um 19.20 Uhr folgt wie gewohnt das Auslandsmagazin „Weltspiegel“.
Auch bei den ARD-Finanzen kommt es zu einigen Veränderungen. So werden mit einem zusätzlichen Millionen-Betrag der Saarländische Rundfunk (SR) und Radio Bremen (RB) in den nächsten Jahren vom ARD-Verbund finanziell stärker entlastet werden. Von 2021 bis 2024 soll der ARD-interne Finanzausgleich von derzeit 1,6 Prozent des Rundfunkbeitrags-Aufkommens stufenweise auf 1,8 Prozent für die beiden kleinsten der insgesamt neun Sender steigen. So könnten zu den bisher jährlich 93,3 Millionen Euro rund 34,5 Millionen über vier Jahre hinzukommen. Das letzte Wort über den künftigen Finanzausgleich haben die Bundesländer. Um die zusätzlichen Ausgaben zu stemmen, sollen im Gegenzug die Sportrechte-Ausgaben stabil gehalten und nicht wie geplant erhöht werden, sagte Programmdirektor Herres. Von 2017 bis 2020 liegt der Sportrechte-Etat bei rund einer Milliarde Euro. Damit steht für die ARD fest, „wir können nicht alles kaufen“, so Direktor Herres und Tom Buhrow sagt in aller Deutlichkeit, „wir werden nicht jede Preissteigerung mitmachen“. Angesichts der Tatsache, dass immer mehr Sport in den Streamingdiensten angeboten wird, werden ARD und auch ZDF in Zukunft wohl für die gleiche Geldsumme weniger Spitzen-Sport werden senden können. Das muss für den ör Rundfunk kein Nachteil sein, ganz im Gegenteil.
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