Der RBB verliert in Karlsruhe
- Hans-Jürgen Kupka
- vor 4 Tagen
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Das Bundesverfassungsgericht hat am 21.8.2025 seine Entscheidung zur Verfassungs-beschwerde Rundfunk Berlin-Brandenburg gegen den rbb-Staatsvertrag bekannt gegeben und der RBB hat verloren. Berlin sieht sich in seiner Auffassung bestätigt. "Die heutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts folgt der Auffassung der Länder Berlin und Brandenburg bezüglich der 2024 staatsvertraglich festgelegten Neuorganisation des rbb" (Kai Wegner).
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner: „Das Bundesverfassungsgericht hat heute eine wichtige Entscheidung über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks/ÖRR getroffen – und die Länder Berlin und Brandenburg in ihrem Ziel, den Rundfunk Berlin-Brandenburg zukunftsfest aufzustellen, bestätigt. Nicht nur aus Anlass des rbb-Skandals war es notwendig, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seinen Strukturen zu reformieren, um seine Glaubwürdigkeit wieder herzustellen und seine Leistungsfähigkeit zu verbessern. Der rbb muss das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückzugewinnen und die beschlossenen Reformen nun zeitnah umsetzen. Der rbb-Staatsvertrag kann auch Vorbild für andere Länder sein, denn wir wollen in Deutschland einen guten und starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk.“
Zum 1. Januar 2024 haben Berlin und Brandenburg den rbb-Staatsvertrag umfassend novelliert. Hintergrund ist der rbb-Skandal, in dem sich Schwächen und Versäumnisse zeigten, die durch das Vertragswerk aufgearbeitet worden sind. So wurde der Sender zu größtmöglicher Transparenz verpflichtet und die rbb-Aufsichtsgremien, Verwaltungsrat und Rundfunkrat, wurden weiter professionalisiert. Neue Sorgfaltspflichten und entsprechende Haftungsregeln für das Direktorium und die Gremienmitglieder wurden definiert und festgeschrieben. Modernisierte Leitungsstrukturen und verbindliche Compliance-Mechanismen sollen verhindern, dass Entscheidungen an Gremien vorbeigetroffen werden können. Darüber hinaus wurde das Intendantengehalt gedeckelt und die Geschäftsleitung verschlankt. Die weiteren notwendigen Schritte zur finanziellen Konsolidierung sind eingeleitet und in den Gremien nachvollziehbar kommuniziert.
"Diese Klarheit war für uns wichtig"
Der RBB erklärte indes in einer Mitteilung, die Entscheidung folge den Einschätzungen des Senders zwar nicht, sie stelle aber "in der seitens des RBB erwünschten Deutlichkeit dar, wo der Gesetzgeber im Sinne der Rundfunkfreiheit seine Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von Artikel 5 des Grundgesetzes nutzen kann, um Meinungsbildung und -vielfalt zu befördern". "Der RBB war und ist mit den grundsätzlichen Zielen, die die Länder mit dem neuen RBB-Staatsvertag verbunden haben, einig: Das gilt für die Stärkung der Regionalität ebenso wie für verbesserte Kontrolle und größere Transparenz", so RBB-Intendantin Ulrike Demmer. "Strittig war, wie detailliert der Gesetzgeber dem Sender den Weg vorgeben kann, um diese Ziele zu erreichen. Darüber ist nun abschließend entschieden, diese Klarheit war für uns wichtig."
Joachim Wieland, Prozessbevollmächtigter des RBB beim Verfahren in Karlsruhe, erklärte: "Der Beschluss betont die Bedeutung von Staatsferne und Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Hier noch einmal eine konkrete Präzisierung durch das Bundesverfassungsgericht zu erhalten, war ein zentraler Beweggrund für die Beschwerde des RBB."
Der RBB betonte zugleich, "so gut wie alle" im Staatsvertrag festgehaltenen Anforderungen umgesetzt zu haben. Im nächsten und letzten Schritt stehe nun an, die sogenannten "Leitungen der Landesangebote" einzusetzen. Dies werde sinnvoll geschehen können, wenn die zuletzt ausgeschriebene Position der Leitung der Programmdirektion neu besetzt sei.
"Erfolgslose Verfassungsbeschwerde des Rundfunk Berlin-Brandenburg gegen Regelungen des rbb-Staatsvertrags"
"Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde des Rundfunk Berlin‑Brandenburg (rbb) zurückgewiesen. Die angegriffenen staatsvertraglichen Regelungen betreffen die Regionalität und Organisation des rbb als Mehrländerrundfunkanstalt in föderaler Verantwortungsgemeinschaft.
Bei dem rbb handelt es sich um eine von den Ländern Berlin und Brandenburg gemeinsam errichtete öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt. Seine Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Zustimmungsgesetze zu dem im November 2023 zwischen beiden Ländern geschlossenen Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag), der einen neuen Rechtsrahmen für den rbb bildet. Er rügt eine Verletzung seiner Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) durch verschiedene staatsvertragliche Regelungen. Der rbb wendet sich insofern gegen ein neu geschaffenes Direktorium. Diesem wird zusätzlich zur Intendanz die Geschäftsleitung übertragen. Eigenverantwortliche Zuständigkeiten erhalten auch die Direktorinnen und Direktoren in ihren Bereichen. Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sind zudem die Festlegungen der Mindestzahl an Standorten von Regionalbüros und Regionalstudios, die neue Leitungsebene für die Landesprogramme in Berlin und Brandenburg sowie die Vorgabe einer Mindestdauer für die Auseinanderschaltung der beiden Landesfernsehprogramme. Zudem sieht sich der rbb durch erstmalige Regelungen zu einem Gebot der Ausschreibung von Stellen und zur Haftung der Intendanz sowie der Mitglieder von Rundfunk- und Verwaltungsrat in der Rundfunkfreiheit verletzt.
Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die überwiegend zulässig angegriffenen Regelungen verletzen die Rundfunkfreiheit des rbb nicht. Mit ihnen verfehlen die Landesgesetzgeber nicht die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks." (BVerfG Beschluss vom 23. Juli 2025 - 1 BvR 2578/24)
Der RBB wurde nun vom BVerfG aufgefordert (wie auch von den Landesregierungen zuvor), täglich mind. 60 Minuten getrennte Angebote für die Länder Berlin und Brandenburg auszu-strahlen. Bisher hat sich die Senderleitung darauf berufen, neben den zwei Regional-magazinen (mit je 28 Min.) auch noch 75 Minuten zw. 18:15 und 19:30 mit Berichten und Reportagen aus beiden Ländern angeboten zu haben. Ob der RBB sein Vorabendprogramm wieder einmal umbauen und jeweils eine zusätzliche Sendung für Berlin und Brandenburg ins Programm nehmen wird? Ein neuer Streit schein vorprogrammiert zu sein.
Im Urteil unter Pkt. 2 b heißt es: "Die Regelung einer Mindestdauer der Auseinanderschaltung der Landesfernsehprogramme in einem Umfang von mindestens 60 Minuten des täglichen Gesamtprogramms, die eine gesonderte Darstellung jedes Landes beinhalten muss, verletzt die Rundfunkfreiheit des rbb nicht. Die Programmfreiheit der Rundfunkanstalten schließt zwar die Entscheidung über die benötigte Zeit und über den Umfang der erforderlichen Programme ein. Die konkrete staatsvertragliche Mindestzeitvorgabe ist gleichwohl mit der Programmfreiheit als Kern der Rundfunkfreiheit vereinbar.
Das Mindestzeitfenster zur Identifikation mit Landesthemen ist hier in Relation zum Gesamt-programm zeitlich eher eng bemessen. Die publizistische Inhaltsfreiheit bleibt erhalten. Die zeitliche Mindestvorgabe lässt dem rbb weiten Raum zur weitergehenden zeitlichen Gestaltung. Die staatliche Einflussnahme erschöpft sich in einer Mindestwahrnehmbarkeit des regionalen Bezugs, der eine Grundlage und damit ein legitimes gesetzgeberisches Anliegen im Rahmen der gebildeten föderal-kooperativen Verantwortungsgemeinschaft ist."
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