top of page

29.10.2022

Ein Traum wurde wahr. Ich hätte es nie für möglich gehalten - aber als Reporter versucht du alles, um dein Ziel zu erreichen. Und nun befinde ich mich im Zentrum der Macht. Mit Ruhrpott-Raffinesse konnte ich alle Sicherheitsschleusen überwinden, sogar an Hauptmeister Krause vorbei. Das macht mir keiner nach. 

Nun werde ich umtriebiger Zeitzeuge ... Es ist nur eine kleine Tat im Medienalltag, aber eine große Tat für die Zeitgeschichte. Ich habe es mir bequem gemacht, soweit das überhaupt möglich ist. Aber ich habe einen durch-trainierten Körper und so ist es hier unter dem großen Konferenztisch einigermaßen auszuhalten.

Im Minutentakt kommen Menschen mit Taschen und Akten in den Raum. Es herrscht eine lockere Atmosphäre - bis der Chef erscheint. Alle Beteiligten nehmen in ihren Sesseln Platz und nun wird es für mich hier doch sehr eng. Diesen Punkt hatte ich in der großen Redaktion arg unterschätz. Aber da muss ich durch. 

Bundeskanzler Scholz begrüßt die Runde, sagt einige Worte zur Tagesordnung und erteilt Minister Prof. Lauterbach das Wort. Es geht noch immer um die Pandemie, die im Herbst wohl wieder ... Während der Minister langatmig spricht, passiert hier unten unglaubliches: Die Füße von Kanzler Scholz sind wohl eingeschlafen. Wir Journalisten hatten es ja immer vermutet, hatten bisher keine Beweise.

Nach 13 Minuten ist der Prof.-Vortrag beendet, einige Fragen werden noch beantwortet und dann bekommt Minister Habeck das Wort. Er referiert über die große Energiekrise, die hohen Kosten für Bürger und Wirtschaft, erzählt von Gasspeichern und macht den Fehler, das Wort Gasumlage zu benutzen. Lauter Protest im Raum. BK Scholz: Robert, das Thema haben wir schon abgehakt. Wir können die Bürger nicht doppelt belasten: hohe Preise und eine Umlage. BM Habeck: Ist mir bekannt, wollte es nur noch ein-mal erwähnt haben. Es war ein großer Irrtum. 

Wir brauchen eine Gaspreisbremse, wirft Ministerin Lambrecht ein - oder eine Graspreisbremse, scherzt BM Özdemir. Die Runde ist amüsiert. Minister Habeck erklärt die neue Strategie, diese Bremse ... und was sehe ich jetzt: Der BM, etwas nervös geworden, zieht seine Schuhe aus. Hätte ich das geahnt, hätte ich Nähzeug mitgebracht. Aber, Habeck ist in Berlin ja auch noch Hausmann. Sind wir großzügig. 

 

In diesem Augenblick fällt mir ein Handy vor die Füße und was dann geschieht, werde ich nie im Leben vergessen. Nie! Binnen fünf Sekunden blicke ich in die Augen von Claudia Roth. Ich denke, mich trifft der Schlag. Aber die Claudia setzt sofort ihre Sirene in Betrieb, als stehe das Kanzleramt in Flammen. Vier starke Arme zerren mich unter dem Tisch hervor, ich bin fassungslos, geschockt - wie die ganze Bundesregierung. Ich hoffe es wird nicht so schlimm werden, bin ja prominent und besitze einen Presse-Ausweis. 

5.11.2022

Die Medien übertreiben mal wieder, sie schreiben von Revolution. Aber das kennen wir ja schon. Also bin ich diesmal ungebetener Gast bei ARD-Vors. Tom-Thomas Buhrow und ZDF-Intendant Norbert Himmler. Im Berliner Nobel-Hotel HARMONIE befinde ich mich hinter einer spanischen Wand. In nur drei Meter Entfernung speisen die Fernseh-Könige und ich lausche eifrig. 

 

Der ZDF-Chef kommt gleich zur Sache: Will Tom Buhrow wirklich eine Fusion von ARD und ZDF? Wir haben uns doch immer gut verstanden und arrangiert. Auch die Rundfunkgelder haben wir friedlich-freundschaftlich geteilt. Zudem verfügt das ARD-System über 11 FS-Programme, unser gutes ZDF aber nur über drei.  

Der Rheinländer Buhrow ist auch heute gut gelaunt und versichert seinem lieben Freund Norbert, die Hamburger Rede im Übersee-Club habe er nur als Privatperson gehalten - nicht als altgedienter ARD-Chef. Und zum Thema Fusion will er nur sagen, nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird. Himmler kann es bestätigen, die Pilzsuppe nicht sehr heiß. 

Jetzt wird der liebe Tom aber doch noch deutlich: "Mein fester Eindruck ist: Deutschland scheint uns in zehn Jahren nicht mehr in dem Umfang zu wollen – und auch finanzieren zu wollen wie heute", sehr viele Bürger haben große Geldsorgen. Wir als Spitzenverdiener müssen da auch einmal sehr sehr ehrlich sein. 

Aber, so Buhrow, glauben sie wirklich, unsere Politiker trauen sich an das Thema Fusion heran? Nein nicht so richtig, pflichtet ihm Himmler bei. Wenn wir uns die vielen Aufsichtsgremien ansehen - da sitzen ja mehr Politiker als im Landtag vom Saarland. Und wir kennen ja den alten Politspruch: Medienpolitik ist Machtpolitik. Bei mir in den ZDF-Gremien sitzen so viele Bundes- u. Landespolitiker ... Aber viele fallen gar nicht auf - sie schwänzen regelmäßig die Sitzungen. Na bitte, fügt Buhrow hinzu. Ehe diese Politiker aller Parteien sich an eine reale Medien-Revolution trauen, genießen wir beide unseren ver-dienten Ruhestand auf Helgoland oder in Monaco. 

Dennoch will Himmler nicht locker lassen. Er findet es nicht sehr nett, dass die ARD immer öfters das erfolgreiche ZDF kopieren möchte. Immer mehr Krimis, mit Maischberger eine Lanz-Konkurrenz, freitags um 21:45 eine Kriminal-Doku usw. Wenn die ARD so weitermache, werden nicht nur Zuschauer und Medienexperten, sondern auch Landespolitiker (diese müssen Wahlen gewinnen und ihre Zustimmung zur Gebührenerhöhung geben!) die Sinnfrage stellen und dann würden sich wohl viele Menschen gegen das ERSTE stellen: Ein Haupt-programm ZDF und die ARD konzentriert sich auf die sieben Regionalprogramme. Ist das ein Angebot, lieber Tom? 

Nein, auf keinen Fall. Aber ab Januar darf unser SWR-Freund Kai Gniffke sich mit diesen Themen anfreunden. Ich bin ein WDR-Privatmensch und rede nur. Prost Norbert - Prost Tom. Es wurde ein langer und harmonischer Abend. Gute Nacht Freunde.

Hilfe - ich will hier raus! Helft mir! Ich muss weg von der 13. Etage, sofort! Robin, wach auf! Ich bin es, deine Ehefrau. Was ist mit dir? Du hast nur geträumt. Du bist zuhause, in Berlin - zurück von der G20-Bali-Reise mit Bundeskanzler Scholz.  

Gott sei Dank! Ich war wieder im RBB - auf der Chefetage - im Büroschrank von Intendantin Schlesinger. Es war so schlimm - ich passte nicht mehr durch die Tür. Ich war auf einmal kugelrund geworden. Nun trink erst einmal kaltes gesundes Spreewasser und dann erzähl in aller Ruhe von deinem Albtraum. 

Es war am Tag der offenen Tür beim RBB in Berlin- Charlottenburg. Freundliche Mitarbeiter mit roten Mützen begrüßten mich am Eingang. Ich dürfte mich im ganzen Funkhaus umsehen - für Journalisten gibt es heute keine verschlossenen Türen. Die schöne Einladung nahm ich wörtlich! Ich wollte mich ja nicht im Erdgeschoss bei Info-Tischen, lustigen Spielrunden, Autogrammstunden von Radio- und FS-Moderatoren und am Kaffeeautomaten langweilen. Also bin ich gleich in den Fahrstuhl, habe die "13" gedrückt und war sehr schnell im RBB-Heiligtum. Da stand zwar ein Sicherheitsmann, aber der war gerade mit seinem Smartphon beschäftigt - so hatte ich freie Bahn.

 

Als erstes fällt mir die neue Teeküche für 18.000 € auf. Dann die mit wilden Pflanzen begrünte Wand mit

automatischer Bewässerung für 7.000 €, Sofas für 22.000 € - also der RBB muss wohl eine eigene Privatbank haben. Und nun stehe ich im berühmten Büro von Patricia Schlesinger - mit meinen Füßen auf dem ökologisch-hochwertigen Parkettboden, vorgeölt, und 17.000 € teuer. Und der Massage-Sessel ... 

Jetzt höre ich ... Die Frau Intendantin erkenne ich an der Stimme, nun ist guter Rat teuer. Eine offene Tür in der Schrankwand ist meine Rettung. Wo bin ich? In einem begehbaren Büroschrank, diese Frau hat ja viele Ideen. Und wir Gebührenzahler das Geld. 

Die Intendantin sprich mit Programmdirektor Schulte-Kellinghaus: Mein lieber Jan, wenn sie mal Intendant in Berlin oder auch nur in Bremen werden wollen, müssen sie zupacken und zubeißen können. Nur so kommt man auf den Chefposten. Sie können nicht mit dem VW-Polo in die Chefetage fahren. Bleiben sie immer hart und konsequent und nicht nachgeben, auch wenn die Mitarbeiter mal launisch werden. 

Patricia bringt den Direktor zur Tür - sie muss noch Rechnungen an den RBB schreiben und in 2 Stunden wird sie von ihrem Mann abgeholt. Es geht in die Oper. Oh nein! 2 Stunden hier im Büroschrank und ich habe Hunger! Was ist das? In den Regalen links sind Schachteln quadratisch gestapelt - mit  Keksen, Schokolade, Lakritz, Gummibärchen ... Ich lange kräftig zu, mein Hunger. Obwohl ich ja eigentlich mehr Sport machen sollte, aber ... Was sind das für Rechnungen? Die Intendantin hat alle Imbiss-Quittungen gesammelt - für die RBB-Finanzabteilung! Ich glaub es nicht. Hilfe, ich muss hier raus!           18.11.2022 

bottom of page