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Hat der RBB noch eine Zukunft?


RBB-Fernsehzentrum Berlin - Foto Oliver Ziebe
RBB-Fernsehzentrum Berlin - Foto Oliver Ziebe

Täglich grüßt das Murmeltier beim RBB. Oder anders formuliert, der ör RBB kommt einfach nicht mehr aus den negativen Schlagzeilen heraus. Jetzt funkt die Sendeanstalt mit Intendantin Ulrike Demmer SOS aus der 13. Etage im Fernsehzentrum. Die finanzielle Lage wird immer bedrohlicher – denn der RBB lebt über seine Verhältnisse. Ende Januar stellte Demmer auf einer Sondersitzung des Rundfunkrates ihr Sparpaket vor und sprach Klartext. "Die Finanzlage ist prekär, es gibt keine Puffer. Wir haben nicht genug Mittel für die notwendigen Investitionen, wir können nicht einmal wirklich mitspielen bei der digitalen Erneuerung, die wir in der ARD verabredet haben, wir haben nicht genug Budget für das Programm. Es gibt kein Geld für neue Ideen, für die Entwicklung neuer Angebote. Und wir haben keine Rücklagen für mögliche Risiken wie steigende Energiekosten". Die Wirtschafts-prüfer hätten dem RBB attestiert, "blank" zu sein, so Demmer. Und das trotz jährlichen Erträgen von 539 Mio € (2023). Man habe jedoch zu lange über die eigenen Verhältnisse gelebt. "Aufwände und Erträge sind seit Jahren nicht mehr im Gleichgewicht", sagte sie und räumte ein: "Die Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre reichen nicht aus". Die Aufwen-dungen belaufen sich auf rd. 563 Mio € - ein Minus von 24 Mio €. Und dabei haben sich die Beitragserträge deutlich von 419 Mio € (2022) auf 464,3 Mio € erhöht.


Die Aufräumarbeiten von Interimsintendantin Katrin Vernau (2022-23) nach dem Schlesinger-Skandal und ein in der Not verordnetes Sparpaket von 49 Mio € hat bekanntlich nicht aus-gereicht. Und daher sollen/müssen weitere 22 Mio € eingespart werden. Vorgesehen ist des-halb ein massiver Stellenabbau. Von 2022 zu 2023 kam es nur zu einer Reduzierung von 1.477,5 zu 1.475,5 Planstellen. Die Krise im RBB wurde noch dadurch verschärft, dass im Zuge des Gelbhaar-Skandals Programmdirektorin und Chefredakteur ihren Rücktritt wg. Fehlver-halten im Programmbereich einreichen mussten. Und schon folgt der nächste Skandal. Seit Anfang des Monats ist Peter Parycek beim RBB als Leiter für Transformation und digitalen Wandel tätigt. Der "Bild" ist vor allem seine Entlohnung eine Schlagzeile wert: "ARD-Sender umgeht Gehaltsgrenze mit Teilzeit-Trick", lautet dort die Überschrift. Denn: Parycek erhält für seine Tätigkeit im Jahr 167.000 €, wie der RBB bestätigt. Sein Vertrag sieht dafür eine Mindesttätigkeit von drei Tagen pro Woche vor. "Bild" errechnet daraus ein theoretisches Vollzeit-Gehalt von fast 280.000 €. Intendantin Demmer erhält mit Zulagen „nur“ 254.375 €.


Der Belegschaft dämmert es immer mehr, die Talsohle ist noch lange nicht erreicht. Das neue von Demmer ankündigte Sparprogramm hat nun für zusätzliche Unruhe gesorgt, denn Trans-parenz gibt es nur vordergründig. Zwar hat der RBB angekündigt, dass man eine "Absenkung der Personal- und Honoraraufwände um 22 Millionen Euro plant", in den Details wird es aber kompliziert. Der RBB muss demnach schon deshalb 9 Mio € einsparen, um die eigene Zahlungsfähigkeit ab 2026 zu sichern. Die weiteren 13 Mio € werden benötigt, "um die digitale Erneuerung des gesamten Senders fortzuführen und in das Programm investieren zu können". Das entspreche einem Volumen von 254 Vollzeitstellen, erklärte der RBB Ende Januar. Die Stimmung unter den Mitarbeitern ist daher extrem schlecht, weil niemand wisse, wie man die Ankündigung verstehen soll. Wird die Summe komplett eingespart oder nur umgeschichtet? Aber auch betriebsbedingte Kündigungen sind beim RBB nicht ausge-schlossen. "Den Umfang der notwendigen Sparmaßnahmen haben wir Ende Januar veröf-fentlicht. Wir haben ebenfalls deutlich gemacht, dass es nicht allein um Kürzungen geht, sondern um eine grundsätzliche Neuaufstellung des RBB. Wir gehen davon aus, noch im Frühjahr nächste Schritte erläutern zu können", so Demmer. Wann das aber sein wird, steht in den Sternen.


Wie extrem die Not beim RBB ist, zeigen diese Einzelpunkte: in Potsdam wurden Grundstücke und Gebäude verkauft, in Berlin soll das „Fernsehzentrum“ oder das „Haus des Rundfunks“ in 4 Jahren verkauft werden, der Grüne Politiker Gelbhaar verlangt eine Entschädigungssumme von 1,7 Mio €, vor dem Arbeitsgericht versucht Ex-Intendantin vom Sender eine Rente von über 18.000 € pro Monat zu erstreiten, der fertig ausgehandelte Beendigungsschutz-Tarifver-trag für freie Beschäftigte wird von der Intendantin nicht unterzeichnet (wodurch er nicht in Kraft treten kann, beim Sender strebt man anstelle von Einzelabschlüssen eine "Gesamt-lösung" an) und ab dem 1. Juni wird es keine Essensversorgung mehr für die Mitarbeiter in Berlin und Potsdam geben, da die Kantinen geschlossen werden. Denn, dem RBB seien die Zuschüsse für den Betrieb zu hoch. Dazu ein Unternehmenssprecher: "Der RBB kann in der aktuellen finanziellen Situation Kantinenessen nicht mehr bezuschussen, wir klären derzeit, welche Möglichkeiten einer Mitarbeiterversorgung es auf dieser Grundlage gibt". Noch sei die Prüfung nicht abgeschlossen, nach aktuellem Stand würden die Kantinen aber zum 1. Juni schließen - nach RBB-Angaben zunächst befristet bis Ende 2026.


Ulrike Demmer ist erst seit September 2023 Intendantin (gewählt erst im dritten Wahlgang ohne Gegenkandidat) des Rundfunk Berlin-Brandenburgs (RBB), aber die Probleme reichen eigentlich auch für eine Amtszeit von 7 Jahren. Und nun wartet sie mit ihren Kollegen von ARD, ZDF und DLF auf die Erhöhung des Rundfunkbeitrags, den einige Länder aber blockieren. Wann das Bundesverfassungsgericht dbzgl. entscheidet, kann niemand sagen. Für den RBB und Demmer droht aber ein finanz. Fiasko. Ohne die Beitragserhöhung würden der Sendeanstalt nur für 2025 rd. 15,2 Mio € fehlen. Für Geschäftsleitung und Belegschaft ein Albtraum. "Da sich derzeit mit diesen Mitteln nicht verbindlich planen lässt, hat der RBB die Mehrerträge aus der Beitragserhöhung im Wirtschaftsplan 2025 abgesichert, indem er eine entsprechende Gegenposition eingeplant hat - das Geld ist also nicht verfügbar", so ein RBB-Sprecher. Sollte die Beitragsanhebung nicht oder auch nur verspätet erfolgen, hätte das auf die FS- u. HF-Programme massive negative Auswirkungen. Und in dieser Situation noch ein Sparpaket von 22 Mio € zu realisieren, ohne die Mitarbeiter zu (wilden) Streiks zu veran-lassen, zeigt das ganze desolate Ausmaß der mittelgroßen ör Anstalt an Spree und Havel. Und so fragen sich immer häufiger Bürger, Medienexperten, Politiker und ör Mitarbeiter, hat der RBB überhaupt noch eine (gesicherte) Zukunft? Auf jeden Fall können sich die Inten-danten im ARD-Verbund schon einmal auf eine RBB-Nothilfe einstellen.


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