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Von Gehältern, Mager-Renten und fürstlichen Betriebsrenten

Große Unterschiede zwischen Rentnern und ARD/ZDF-Pensionären

Der deutsche Staat hat dank der guten Wirtschaftslage derzeit so viel Geld in der Kasse wie nie zuvor. In der ersten Jahreshälfte nahmen Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen unter dem Strich 48,1 Milliarden Euro mehr ein, als sie ausgaben. Dennoch fürchtet die Mehrheit der Deutschen um ihre gesetzliche Rente. Laut einer Emnid-Umfrage glauben 60 Prozent der Bürger nicht, dass ihre gesetzliche Rente ausreichen wird. Nur 29 Prozent erwarten, dass sie mit dem Geld aus der Rentenversicherung auskommen werden. Besonders besorgt sind Menschen zwischen 30 und 49 Jahren: 91 Prozent von ihnen fürchten eine zu geringe staatliche Rente.

Derzeit beraten im Kanzleramt die Partei-Chefs der Bundesregierung über die Gestaltung der Rentenpolitik bis zum Jahr 2025, und wenn es nach der SPD geht, auch noch bis zum Jahr 2040 (FAZ 26.8.2018). Hintergrund: Bis 2030 werden die sogenannten „Babyboomer“ in Rente gehen. Und dann müss(t)en die Arbeitnehmer immer mehr Geld für immer mehr Rentner in die Rentenkasse einzahlen. Das dürfte politisch aber nicht durchsetzbar sein oder welche Partei möchte Wählerstimmen verlieren? Die Sorgen und Ängste der Bürger bezüglich ihrer Rente in (naher) Zukunft sind berechtigt. So sagt der Rentenexperte Bernd Raffelhüschen: „Die Jungen werden belastet, die Alten werden beglückt“, (Tagesspiegel 19.8.2018). Wenn die SPD das Rentenniveau bis 2025 bei 48 Prozent und die Beiträge (derzeit 18,6%) stabil halten wolle, müsse entweder die Lebensarbeitszeit auf 73 Jahre steigen oder der Steuerzuschuss an die Rentenversicherung steigen.

Zum Teil sehr große Unterschiede gibt es in der Einkommensstruktur 2016 zwischen Arbeitnehmern in der Privat-Wirtschaft, Staatsbeamten und den Angestellten beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR). Das sehr hohe Tarifsystem, ein extremer Sonderfall der nur für den ÖRR gilt, zeigt sich bei allen Berufsgruppen. Beim NDR liegen die Jahres-Gehälter für Kameraleute bei bis zu 81.000 €, Ingenieure über 91.000 € sowie Sekretärin und Sachbearbeiter über 61.000 Euro. Nach Aussagen der ARD-Intendanten erreichen die Mitarbeiter diese Summen schon nach 20 Dienstjahren – der Durchschnitt liegt in der ARD bei 86.856 Euro (2016). Und feste freie NDR-Mitarbeiter verdienen durchschnittlich 53.500 Euro im Jahr. Im Vergleich dazu sind die Durchschnittsgehälter für Arbeitnehmer mit rd. 41.000 € und Polizei-Beamten in Berlin zwischen 25.000 und 63.000 Euro (plus Zulagen) sehr moderat.

Konkret sieht es bei den Sendeanstalten wie folgt aus: Der NDR zahlt zwölf Monatsgehälter. Intendant und Direktoren erhalten bei Verträgen seit September 2013 – im Gegensatz zu allen festangestellten Mitarbeiter des NDR – kein Urlaubsgeld mehr in Höhe von 924 Euro pro Jahr. Mitarbeitern mit Kindern wird pro Kind ein „Familienzuschlag“ in Höhe von 1.428 Euro jährlich gezahlt – maximal bis zum 25. Lebensjahr des Kindes (!). Der „Rundfunk Berlin-Brandenburg“ zahlt tarifvertraglich 13 Monatsgehälter. Alle festangestellten Mitarbeiter erhalten ein Urlaubsgeld von 500 Euro pro Jahr. Mitarbeiter mit Kindern wird pro Kind ein „Familienzuschlag“ in Höhe von 1.586 Euro jährlich gezahlt – maximal bis zum 27. Lebensjahr des Kindes (!). Von solchen Sozialleistungen können Arbeitnehmer nur träumen. Da ist es nur ein schwacher Trost für die Allgemeinheit, dass die Sende-Anstalten ihren Mitarbeitern die Zuschüsse für Betriebsfeiern gestrichen haben. Gleichzeitig werden immer mehr Aufgaben ausgelagert – zu geringeren Gehältern.

Ein Blick auf Intendanten- und Direktoren-Gehälter zeigt ein Problem von ARD & ZDF: Die Gehälter sind zu hoch – die Spannweite reicht von 237.000 (SR) bis 399.000 Euro (WDR). Bei den Direktoren liegt die Spannweite zwischen 151.000 (SR) und 253.000 Euro (SWR). Damit erreichen die Sender-Chefs höhere Gehälter als die meisten Staats- und Ministerpräsidenten (weltweit), Führungskräften in der Wirtschaft und den Präsidenten (fast) aller Bundesämter. So verdienen Vizepräsident Kirchhof (Bundesverfassungsgericht) 196.000 Euro und Präsident Rennert (Bundesverwaltungsgericht) 165.000 Euro. im Jahr (FOCUS 37/2017). Die Bundeskanzlerin soll ein Jahres-Gehalt in Höhe von 275.000 Euro erhalten. Im Ergebnis verdienen die 12 Intendanten des ÖRR über 3,6 Mio.€ und die Direktoren über 12 Mio.€; dazu kommen Hundertschaften von Bereichsleitern/Hauptabteilungsleitern mit z.T. Sondervergütungen. Die Zahl der Planstellen für 2016 lautet für ARD 20.275, ZDF 3.680, DeutschlandRadio 710 und Arte 474 (insgesamt 25.139). Mit den festangestellten, festen freien und freien Mitarbeitern beschäftigt der öffentlich-rechtliche Rundfunk insgesamt rd. 42.000 Mitarbeiter, darunter 5.049 bei 202 Beteiligungs-Unternehmen/ Gesellschaften. Dazu kommen rd.4.000 Angestellte/freie Mitarbeiter bei der Deutschen Welle (diese wird über Steuern aus dem Bundeshaushalt finanziert) im In- und Ausland. Das die Gehälter bei ARD & ZDF sich in exorbitanter Weise von den deutschen „Normalverdienern“, und den Gehaltsstrukturen der Beamten, entfernt haben, liegt in der Verantwortung (Aufsichtspflicht) in der Vergangenheit der 16 deutschen Länder – sprich Ministerpräsidenten und Landtagsabgeordneten.

Bei den Betriebs-Renten sind die Unterschiede zwischen „Normal-Rentnern“ und „Versorgungsempfängern des ÖRR“ noch dramatischer. In der Privat-Wirtschaft bekamen 2015 rd. 58% der Rentner eine durchschnittliche Betriebs-Rente in Höhe von 578,- (Männer) bzw. 245,- (Frauen) monatlich (Institut Arbeit u. Qualifikation der Universität Duisburg-Essen). Bei der ARD liegt die monatliche Durchschnittsrente bei über 1.800 Euro und beim ZDF bei 2.008 Euro.(Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs des ÖRR/KEF – 20.Bericht) – hinzu kommt für jeden Pensionär die eigene staatliche Rente. Hinter vorgehaltener Hand erzählen Mitarbeiter von Sende-Anstalten, mache haben deutlich mehr Rente, als sie zuvor im aktiven Dienst verdient haben (bis 106%), so die FAZ am 1.9.2017. Ex-Kanzler Kohl bekam ein Ruhestandsgehalt von 12.800 Euro – Intendanten und Direktoren übertreffen diese Summe um bis zu 100 Prozent. Da in der „ARD/ZDF-Rentenkasse“ eine Deckungslücke von 2,2 Mrd. Euro vorhanden ist, werden vom Rundfunkbeitrag (17,50) 25 Cent für diesen Zweck einbehalten. Die Zahl der „Versorgungsempfänger“ steigt nach dem 20.KEF-Bericht von 23.550 (2017) auf 25.127 (2020) und diese profitieren ebenfalls von den guten Gehaltserhöhungen der Angestellten.

In einem Gutachten wird den Sende-Anstalten für ihre Mitarbeiter eine „attraktive Versorgungslandschaft“ bescheinigt (Mercer Deutschland GmbH). Die höchsten Altersversorgungskosten haben danach WDR, ZDF, HR, RBB und SWR. Die KEF-Kommission erkennt aus dem Gutachten einen „dringenden Handlungsbedarf der Anstalten angesichts der hohen Kosten aus den alten Versorgungstarifverträgen“ und hält es für „notwendig, den Zuwachs des Altersversorgungsaufwandes durch die laufenden Renten ähnlich wie bei der VBL (System der Länder-Angestellten) zu beschränken“ (KEF 20.Bericht). Der bisherige Tarifvertrag wurde 2016 gekündigt und 2017 ein neuer zwischen den 12 Sende-Anstalten und den Gewerkschaften über eine Reform der Altersversorgung (u.a. Rente mit 67 und Abflachung der Renten-Dynamisierung – Abzug um einen Prozent-Punkt) vereinbart. Mit einer Laufzeit von stolzen 15 Jahren.

Den Politikern muss aber klar sein, dass das sehr attraktive Tarifsystem (Gehälter und Betriebs-Renten für 66.000 Personen des ÖRR) nicht auf Dauer von der Mehrheit (über 39 Mio.Haushalte) für eine spezielle Minderheit finanziert werden kann. Der Grundgedanke des ÖRR ist nicht die Erwerbstätigkeit, sondern die Verbreitung von Informationen und Meinungen, kulturellen und unterhaltenden Sendungen. Angesichts von Millionen von Normal- und Geringverdienern sowie der Verdoppelung von armen Rentnern (max.800 Euro.monatlich) auf neun Prozent in den nächsten Jahren (DGB-Studie 2017), ist eine neue Tarifstruktur notwendiger denn je – natürlich mit einer sozialverträglichen Übergangslösung für Beschäftigte und Versorgungsempfänger. Eine reformierte Tarifstruktur sollte sich am öffentlichen Dienst des Staates (TVöD) orientieren und für die Jahresgehälter der 12 Rundfunk-Intendanten sind die Einkommen der Präsidenten der Bundesämter ein gutes Vorbild. Und nur zur Information: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gehört nicht einer Minderheit, sondern allen Bürgern in Deutschland. Der ÖRR muss daher in allen Punkten ein Vorbild für die Gesellschaft und die Demokratie sein.

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