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Die Zeitenwende im ÖRR



Die Kritik an den hohen Spitzengehältern bei ARD, ZDF und Deutschlandradio zeigt nun ihre volle Wirkung. Das überhöhte System ist nicht mehr nur Bürgern sondern auch Politikern bitter aufgestoßen. Die Höhe der Intendantengehälter liegt (mit Zulagen) zwischen 250.000 und 424.000 Euro im Jahr. Bei diesen Summen wird nicht nur den Landespolitikern (sind für den ÖRR zuständig) sondern auch den Bundespolitikern schwindlig. So fragt sich Bundes-kanzler Olaf Scholz, warum er als Regierungschef Deutschland pro Jahr rd. 360.000 Euro erhält, der WDR-Intendant Tom Buhrow aber 424.000 Euro. Die Bundesminister erhalten jährlich rd. 200.000 Euro – mit der Summe begnügt nicht einmal der Intendant vom kleinen Saarländischen Rundfunk/SR, Martin Grasmück. Er bekommt mit Zulagen 250.164 Euro. Und die 37 (!) Staatssekretäre erhalten pro Jahr jeweils rd. 150.000 Euro. Mit dieser Summe begnügt sich kein Programmdirektor bei ARD und ZDF. Beim kleinen Radio Bremen bekommt Jan Wyrauch rd. 200.000 Euro (er möchte Intendant beim RBB werden).


Angestoßen hat nun Berlin die Debatte um die Entlohnung des Spitzenpersonals beim RBB. Die neue Regierung von Kai Wegner (CDU) und Franziska Giffey (SPD) plädiert für das Gehaltsniveau der Landesminister – also max. 177.000 Euro für den Intendanten. Die Übergangsintendantin Katrin Vernau erhält 295.000, mit Zulagen 314.356 Euro. Ihre Vorgängerin Patricia Schlesinger, die im RBB einen Hofstaat errichtet hatte, gönnte sich mit fetter Boni sagenhafte 340.000 Euro pro Jahr. Einen (öffentlichen) Aufschrei hat es aber weder in der RBB-Belegschaft, im Personalrat, in der Politik noch bei den Gewerkschaften gegeben. Auch das erzürnte immer mehr Bürger und Beitragszahler.


Die Landesrechnungshöfe von Berlin und Brandenburg wollen nun ein neues Kapitel bei den Gehältern im ÖRR einleiten. Konkret schlagen sie vor: 180.000 Euro für die Intendanz und 140.000 Euro für Direktoren – Chefredakteur und Hauptabteilungsleiter darunter. Die Begründung lautet schlicht: „Die Leitungsorgane öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten tragen ein deutlich geringeres Risiko als Geschäftsführungen von privaten Unternehmen. Die Finanzierung durch Beiträge sorgt dafür, dass der RBB keinem mit dem freien Markt vergleichbaren Wettbewerbsdruck ausgesetzt ist. Der Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Intendanz ist von der Wertigkeit nicht höher einzustufen als der von Spitzenämtern auf Landesebene.“ Und für negative Entwicklungen in den ör Sendeanstalten, bei Finanzen und Zuschauerrückgang, müssen die Verantwortlichen in den Chefetagen ohnehin nicht haften.

Analog dazu müssen die Tarifgehälter für die Belegschaft reduziert werden, denn die Tarife sind ggü. dem TVÖD zu hoch: beim RBB sind es rd. 4.000 €. Während im öffentlichen Dienst das oberste Tarifgehalt monatlich bei 6.274 Euro endet, liegt es im RBB bei 10.329 Euro. So erhält zB eine Sekretärin jährlich 70.000 Euro – in der Privatwirtschaft ist es der halbe Betrag. Dazu kommt noch eine üppige Altersversorgung mit einer monatlichen Betriebsrente von durchschnittlich 2.000 Euro im Monat für jeden ör Festangestellten. Wie die KEF (Finanz-kommission für den ÖRR) in einem Bericht feststellte, erhalten etliche ör Pensionäre mehr Geld als zuvor im aktiven Dienst. Insbesondere bei HR, SWR und ZDF sind die Altersbezüge zu hoch. Finanziert wird die üppige ör Betriebsrentenkassen von allen Beitragszahlern mit jährlich drei Euro. Auch Geringverdiener finanzieren so für Top-Redakteure eine schöne Zusatzrente von 4.000 Euro – bei Hauptabteilungsleitern bis zu 6.000 Euro im Monat.


Auch die Saarland-Regierung möchte die Summe für künftige Intendanten beim SR deutlich reduzieren. Wie die "Saarbrücker Zeitung" auf Grundlage eines Diskussionspapiers für ein neues SR-Gesetz berichtete, plant die Politik eine Gehaltsobergrenze im SR von max. 180.000 Euro pro Jahr – derzeit beträgt das Grundgehalt für den Intendanten 245.000 Euro. Nach Meinung von Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD), hängt die Akzeptanz für den ÖRR in der Bevölkerung auch von den Chef-Gehältern ab. In anderen Bundesländer konnten sich die Politiker bisher noch nicht mit dem Thema Spitzengehälter anfreunden, der Druck muss wohl noch steigen. Bereits vor einigen Monaten erklärte der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), die Einkünfte von Ex-RBB-Intendantin Patricia Schlesinger seien "toxisch" gewesen und daher plädiere er für eine Obergrenze.


Beim ARD-Vorsitzenden und SWR-Intendanten Kai Gniffke (seit 20 Jahren Sozialdemokrat) ist diese Debatte aber noch nicht angekommen. Er habe als Intendant die Verantwortung von 15,4 Mio Menschen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz und daher sei sein Jahres-Gehalt von 361.000 Euro angemessen. Nach dieser Logik müsste Bundeskanzler Scholz 2,2 Mio Euro verdienen – es sind aber 360.000 Euro! Die Zeitenwende ist noch nicht in allen Intendanten-Köpfen angekommen. Dafür sind aber lt. INSA-Umfrage nur noch 12 Prozent der Bürger bereit, für den ÖRR 18,36 Euro oder mehr pro Monat zu zahlen. Politik und ÖRR wären klug beraten, wenn sie die Signale aus der Bevölkerung ernst nehmen würden. Denn, wer ist hier von wem abhängig?


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